Alten Rotor flottgemacht
von Matthias, DD7NT
Beim SBW – dem „Sächsischen Bergwettbewerb“, kann man „vom Berg“, „zum Berg“ oder „Berg-zu-Berg“ auf 2 m, 70 cm und höheren Bändern funken. Für die Variante „zum Berg“ nutze ich eine 2 m/70 cm-Yagi nach DK7ZB. Die ca. 1,10 m lange Antenne ist auf einem Stativ montiert und steht auf dem Dachboden. Auf eine Montage über Dach habe ich verzichtet. Hinter unserem Haus folgen nasse Wiesen auf denen Blitzeinschläge nicht selten sind. Mit der Antenne erreiche ich viele Berge in der Lausitz, dem Zittauer Gebirge, der Sächsischen Schweiz, dem Osterzgebirge, dem mittleren Erzgebirge und dem Tharandter Wald. Wenn mehrere Stationen auf den Bergen aktiv sind, musste die Antenne häufig per Hand umgestellt werden. Um die Gänge vom Shack zum Dachboden zu minimieren, suchte ich nach einem Rotor für die Bergfunk-Yagi.
Ein Rotor wird gefunden
Fritz, DG4DTL vermittelte mir daraufhin den „Telerotor“. Er stammt von Dieter, DL1DRC. Das Bedienteil für den Rotor war nicht mehr vorhanden.
Nach dem Öffnen des Gehäuses kommt ein sehr sauber verdrahteter Motor zu Tage. Der Antrieb der Antennenwelle erfolgt über ein 2-faches Schneckengetriebe (1. Schnecke → Zahnrad → 2. Schnecke → Zahnrad der Motorwelle). Alle Zahnräder sind aus Metall und gut erhalten. Die Schnecken haben ein leichtes Spiel. Ein nummeriertes Anschlussfeld mit 10 Anschlüssen ist da. Eine erste Messung ergibt Hinweise, wo der Motor angeschlossen werden könnte und wo evtl. die Rotorposition ermittelt werden kann. Wolfgang DL4WO, findet in der Klubstation einen passenden Trafo (230 → 42V ~). Zunächst lässt sich dem Motor aber nur ein Brummen entlocken.
Fritz, DG4DTL findet die Montageanleitung für den Rotor. Der Rotor wird seit den 50er Jahren produziert und ist ca. 60 Jahre alt.
Beschaltung des Motors
Die Anschlüsse sind im Original der Montageanleitung nicht nummeriert. Nach Messungen wird das Anschlussbild klar. Der Motor ist ein Hilfsphasenmotor. Der 16-µF-Kondensator wird aus 2 x 33 µF Elkos gebaut und im Rotor an den Anschlüssen 3 und 4 untergebracht. Der Motor braucht nun für die Stromversorgung nur noch 3 Adern zum Steuergerät. Und er läuft…
Nun kann ich erste Tests durchführen. Der Rotor lässt sich in beide Richtungen drehen. Die Endabschaltung funktioniert in beiden Richtungen. Der Rotor kann 360 Grad überstreichen und die Stromaufnahme bei 42 V~ liegt bei 200 mA. Damit kann auch ein kleinerer Transformator verwendet werden. Die Positioniergenauigkeit beträgt +/- 3 Grad. Das ist für die geplante Verwendung mehr als ausreichend. Eine Fahrt vom Linksanschlag zum Rechtsanschlag wird in ca. 65 Sekunden zurückgelegt. Darin eingerechnet ist eine kleine Anlaufzeit, ehe der Motor die volle Geschwindigkeit erreicht und eine Nachlaufzeit. Das Motorgetriebe wird nochmal abgeschmiert. Dann geht es an den Bau des Netzteils.
Bau der Stromversorgung
Ein neuer Trafo 230 V → 2 x18 V wird bestellt, alle restlichen Teile finden sich in der Bastelkiste. Verbaut werden: 2 Relais für Motor ein/aus , Rechtslauf / Linkslauf. Ein Step-Down-Regler für 18 V→ 12 V (Relais), Regler für 12 V→5V (Display) und 5→ 3,3 V (Prozessor). Ein 8-poliges Kabel wird angeschlossen. Der Rotor läuft! Nun geht es an die Richtungsanzeige für das neue Steuergerät.
Winkelmessung mit der Ringspule
Im Rotor befindet sich oben ein Ringwiderstand aus Draht mit 3 Anschlüssen im Winkel von 120 Grad. Ein an der Rotorwelle befestigter doppelter Schleifer speist 42 V= in diese Spule ein. Im Bedienteil ist eine ebensolche Spule als Stator vorhanden. Mit dieser wird je nach Rotorposition ein Drehfeld erzeugt, das einen gelagerten Manipermkern bewegt. Dessen Bewegung wird auf den Zeiger des Bedienteils übertragen.
Für das neue Steuergerät habe ich zuerst Versuche mit einem Magnetsensor unternommen. Im freien Raum konnte ich nach einigen Versuchen die Richtung gut bestimmen. In der Nähe des laufenden Rotors gelang das nicht. Der Rotor befindet sich unterhalb der Antennenmitte und der Magnetsensor reagiert auf das nahe Magnetfeld des laufenden Rotors. Ich musste also mit der vorhandenen Ringspule klarkommen.
Die erste Idee war, die Ringspule beim Kontakt 9 aufzutrennen. Dann hätte man mit den aufgetrennten Enden und einem Schleiferkontakt ein Drahtpotentiometer gehabt, mit dem eine einfache Winkelermittlung möglich gewesen wäre. Meine Versuche, das Oberteil des Rotors gewaltfrei zu öffnen scheiterten allerdings. Mit einem Abdrücker wollte ich die Öffnung nicht wagen. Das hätte zum Bruch des Gussgehäuses führen können.
Wie könnte die Winkelmessung mit der vorhandenen Ringspule erfolgen? Um das herauszufinden, habe ich in die beiden Schleifer an den Kontakten 6 und 7 3,3 V eingespeist und die Spannung an den Kontakten 8, 9 und 10 während eines vollen Durchlaufs mit dem Prozessor ESP32 mehrmals gemessen. Pro Durchlauf wurde 122 Mal gemessen – das entspricht etwa einem 3-Grad-Raster.
Als erstes fielen geringe Spannungsdifferenzen zwischen verschiedenen Läufen für gleiche Positionen auf. Nachdem die Spannung mit einem RC-Glied (1 µF / 5,6 kOhm ) geglättet wurde, waren diese Differenzen verschwunden. Eine befriedigende Winkelermittlung war mit den 3 Anzapfungen im 120 Grad Abstand dennoch nicht möglich.
Darauf habe ich die Ringspule wie folgt beschaltet: 3,3 V werden an Kontakt 8 bei 120 Grad angelegt, Kontakt 9 bei 0/360 Grad liegt an GND und der Kontakt 10 bei 240 Grad wird nicht genutzt. An den beiden Schleifern (Kontakte 6 und 7) erfolgt die Messung. Durch die asymmetrische Beschaltung der Ringspule entstehen gut unterscheidbare Messwerte, die dem Drehwinkel zugeordnet werden können. Eine Ausnahme bilden beide Abschaltpositionen bei 0 oder 360 Grad. Solange die Rotorsteurung nicht abgeschaltet wird, ist die richtige Position bekannt. Schaltet man in der Abschaltposition aus, ist diese Information verloren. Man könnte die letzte Position im Flash-Speicher des ESP32 ablegen. Ein Teil des Flash-Speichers kann wie ein EPROM genutzt werden. Ich fand jedoch eine einfache Lösung. Wird die Steuerung in einer der beiden Endabschaltstellungen ausgeschaltet, dann wird beim nächsten Einschalten erst ein Rechtslauf von ca. 15 Grad versucht. Ändert sich die Position dabei nicht, geht es 15 Grad nach links.
Steuerplatine und Schaltung
Nun konnte die Steuerplatine gebaut werden.
Sie enthält nur wenige Bauelemente: den Prozessor ESP32 und RC-Glieder für den Drehencoder
(Beschaltung nach Datenblatt /2/) und zum Glätten der Positionswerte. Der ESP32 ist am EN-Pin mit einem 2,2 µF Elko beschaltet, der für einen sicheren Anlauf des Prozessors sorgt.

Programmierung des Steuerteils
Die Programmierung des ESP32 hat ebenfalls eine gewisse Zeit in Anspruch genommen. Das Tracking der Position während des Rotorlaufes wird nicht anhand gesamten Positionstabelle durchgeführt. Dafür wird anhand der aktuellen Position ein gleitendes Fenster berechnet. 12 Grad vor dem Erreichen der Zielposition wird der Motor abgeschaltet, so dass er in den meisten Fällen ohne Abweichung auf der gewünschten Position ankommt.
Da der Rotor ja für den Bergfunk verwendet wird, wurden die Positionen und Winkel der erreichbaren Berge mit /3/ und /4/ berechnet. Die Berge werden unter der Positionsanzeige angezeigt. Die Bedienung ist dadurch sehr einfach. Es wird der gewünschte Berg mit dem Drehencoder eingestellt und der grüne Startknopf gedrückt. Mit dem roten Taster kann der Rotorlauf gestoppt werden.
Inbetriebnahme auf dem Dachboden
Der Rotor wurde auf dem vorhandenen Stativ aufgestellt und mit einem HT- Rohr verlängert. Dieses trägt die 2 m/70 cm-Antenne. Das HT-Rohr endet in der Öffnung eines oben angebrachten Führungsbrettes, so dass ein stabiler Stand erreicht wird.
Oben fand auf dem HT-Rohr noch eine Doppelquad für 23 cm Platz. Damit können auch auf diesem Band deutlich mehr Stationen gearbeitet werden als mit einem Rundstrahler. Für Stationen auf 13 cm und für weiter entfernte auf 23 cm muss ich nach wie vor die Bodenleiter benutzen. Hier führen auch oft reflektierte Signale zum QSO. Diese sind mit dem Rotor nicht gut zu suchen.
Obwohl der Bau des Steuergerätes einige Zeit gekostet hat, habe ich mich am Ende gefreut, das betagte Gerät wieder nutzen zu können.
Gebrauchte Rotoren älterer Bauart mit oder ohne Steuergerät gibt es oft preiswert auf den bekannten Internet-Plattformen. Wenn es gelingt, für einen solchen Rotor eine passende Stromversorgung mit Schaltnetzteil oder Trafo aufzubauen, ist der Bau eines eigenen Steuergerätes kein Hexenwerk.
Versucht es doch einmal! Es schont den Geldbeutel und macht Spaß!
/1/ https://www.zvab.com/Rundfunk–Fernseh-Antennen-Zubeh%C3%B6r-VEB-Fernmeldewerk-Bad/30450797767/bd
/2/ https://cdn-reichelt.de/documents/datenblatt/C650/401588.pdf