Digital kontrolliertes Netzgerät

warum einfach, wenn’s auch noch komplizierter geht

von Christian, DL9NL

Einführung

Ursprünglich sollte es ein kleines, handliches Netzgerät für die Versorgung meines QRP-Transceivers werden mit 13,8 V Festspannung und einem gut lesbaren Farbdisplay für Spannungs- und Stromwerte. Dementsprechend wurde ein kleines Gehäuse mit genügend Platz für ein AC/DC-Modul, die Stabilisierungselektronik und das Display mit rückseitig montierter Prozessorplatine ausgewählt.

digital kontrolliertes Netzgerät
Das „digitale“ Netzgereät im Funkbetrieb

Aber noch während des Aufbaus stellte sich die Frage, ob es nicht bei schon vorhandenem Prozessor möglich wäre, mit etwas zusätzlicher Hardware auch ein „digitales“ Netzgerät zu bauen. Gemeint ist konkret ein digital kontrolliertes Netzgeräts (Digital Controlled Power Supply – DCSP). Dabei bleibt die eigentliche Regelung analog und nur die Referenzspannungen für die Ausgangsspannung und den maximalen Ausgangsstrom werden digital von einem DAC (Digital Analog Converter) generiert.

Dieses Konzept hat den Vorteil, dass die große Bandbreite der konventionellen linearen Längsregelung erhalten bleibt und keine komplexen digitalen Regelalgorithmen zu programmieren sind. Die digitale Kontrolle bietet unter anderem eine präzise Einstellung, Anzeige und Überwachung der Betriebsparameter und einen hohen Bedienungskomfort durch Implementierung verschiedener Betriebsmodi. Die Überschreitung von Warn-und Alarmgrenzen kann optisch und akustisch angezeigt werden. Nicht zuletzt ergeben sich auch Möglichkeiten, über eine USB-Schnittstelle Messwerte und Betriebsparameter zu loggen oder von der Displayanzeige einen Screenshot zu senden.

Probleme bei der analogen Regelung

Während der digitale Part des Netzgerätes einfach aufzubauen war und zuverlässig arbeitete, gestaltete sich in der Praxis der Aufbau des analogen Parts wesentlich schwieriger als erwartet. Vor allem in den Grenzbereichen der Belastung und beim Übergang von der Spannungs- zur Stromsteuerung sowie im Stromsteuerbereich bei niedrigen Spannungs- und Stromwerten traten immer wieder unerwartete Schwingungen und erratisches Verhalten auf. Auch war keine Abregelung bis 0 V mit einer verlässlichen Stromanzeige im unteren Spannungsbereich möglich.

Nachdem mehrere Versuchsaufbauten mit unterschiedlichen Schaltungen wegen dieser Probleme gescheitert waren, entschied ich mich für den Versuch einer Eigenentwicklung. Dieser Beitrag soll lediglich den Aufbau des Gerätes dokumentieren und Interessierten Anregungen für einen eigenen Aufbau bieten, aber keine Bauanleitung im eigentlichen Sinne sein.

Blockschaltbild

Das Endergebnis ist im Blockschaltbild zusammengefasst, in dem alle wesentlichen Komponenten und Funktionen des Netzgerätes dargestellt sind.

Ein Schaltnetzteilmodul von Mean Well 15 V/5 A stellt eine stabile, einstellbare Ausgangsspannung von maximal 16 V mit geringer Restwelligkeit zur Verfügung. Zur Reduzierung des hohen Einschaltstromes bis zu 65 A wurde eine Einschaltstrombegrenzung mit einem NTC vorgesehen.

Die Funktionsgruppen Analogmodul, Digitalmodul und ein Bedienmodul sind jeweils auf einer eigenen Platine aufgebaut. Auf der Rückseite der Digitalplatine ist das TFT-Farbdisplay montiert.

Analogmodul

Anstelle einer konventionellen mehrstufigen Transistorkaskade übernimmt der präzise 3-Pin-LDO LT1084 die Längsregelung. Dieser 5 A Spannungsregler ist kurzschlusssicher und thermisch geschützt. Linear Technology gibt die Genauigkeit der Längsregelung mit 0,015 % und der Lastregelung mit 0,1 % an.

Analogmodul

Ausgangsseitig misst der bidirektionale Stromsensor INA286 den Strom durch den 20 mΩ Shuntwiderstand. Danach folgt ein einfacher Spannungsteiler, der die Ausgangsspannung für den Mikrocontroller skaliert. Gegen Verpolung ist der Ausgang durch eine Shuntdiode mit vorgeschalteter Feinsicherung geschützt. Das Relais kontrolliert die Weiterleitung der Ausgangsspannung zu den Ausgangsbuchsen.

Zentrale Steuerung und Regelung

Der 4-fach rail-to-rail Operationsverstärker OPA4141 führt alle Steuer- und Regelaufgaben des Netzgerätes aus. OPA1 und OPA2 des OPA4141 arbeiten als invertierende Differenzverstärker, wobei am positiven Eingang die jeweilige Soll-Spannung des DAC anliegt. Die Ist-Spannung wird über den Rückkopplungszweig an den negativen Eingang geführt. Für den invertierenden Verstärker ist es charakteristisch, dass der Ausgang so weit nachgesteuert wird, bis beide Eingangsspannungen gleich sind.

Für die Spannungsregelung wird die Ist-Spannung am Ausgangsspannungteiler abgegriffen. Die Rückkopplung für die Stromregelung dagegen kommt von dem bilateralen Stromsensor INA286, der als high-side Sensor mit dem 20mΩ Shuntwiderstand den Strom misst und als proportionale Spannung ausgibt, die als Istwert an den negativen Eingang von OPA1 gelangt. Als einer der wenigen Stromsensoren ist der bidirektionale INA286 in der Lage, auch Ströme in unmittelbarer Nähe des Nullpotenzials zu messen.

OPA3 vergleicht als Komparator die Ausgangsspannungen der Spannungs- und Stromregelung. Überschreitet der Ausgangsstrom den eingestellten maximal zulässigen Wert, wird die Spannung am Ausgang der Stromregelung kleiner als die der Spannungsregelung. Damit dominiert die Stromregelung und regelt den LT1084 als Konstantstromquelle, gleichzeitig wechselt die Farbe der Duo-LED von Grün auf Rot. Der Mikrocontroller registriert über einen Interrupt die „Overload“ -Situation.

Am Vss-Pin liegt eine negative Spannung von -2,5 V an, um die Ausgänge bis in den negativen Bereich aussteuern zu können. Dies ist deshalb notwendig, weil der LT1084 eine negative Spannung am ADJ-Pin benötigt, um die Ausgangsspannung auf 0V zu regeln.

Der Knotenpunkt KP liegt ohne Ansteuerung über die Dioden auf hohem Potenzial. Erst wenn ein OPA angesteuert wird, weil die Ausgangsspannung oder der Ausgangsstrom den Sollwert überschreitet, wird dessen Ausgang negativer und vermindert über die Diode das Potenzial am KP. Da die Dioden eine Rückwirkung verhindern, dominiert der OPA mit der niedrigsten Ausgangsspannung.

Zur Veranschaulichung ein Beispiel aus der klassischen Mechanik: Der Wasserstand im Trog wird bei unterschiedlich hohen Ablauföffnungen durch die tiefstgelegene Öffnung determiniert. Dementsprechend determiniert die niedrigste Ausgangsspannung von OPA1, 2 oder 4 die Regelung am KP.

Der Mikrokontroller kann über den Komparator OPA4 die Spannung am ADJ-Pin schnell auf das Vss-Potenzial des OPA4141 ziehen und damit den LT1084 auf 0 V regeln.

Platinenlayout von sPrint Analogmodul
fertig aufgebautes Analogmodul

Digitalmodul

Der ATXMega32 generiert mit einem 16 MHz Quarz-Oszillator nach interner Frequenzverdopplung einen Systemtakt von 32 MHz. Mit seinem 12 Bit ADC werden die Spannungen Ub, Ua, und Ui gemessen und die Sollwerte für die Ausgangsspannung und den maximalen Ausgangsstrom mit dem 12 Bit DAC im Bereich von 0 – 2,5 V ausgegeben. Die externe Präzisionsspannungsquelle VRF3325 stellt 2,500V als Referenzspannung für den ADC und DAC zur Verfügung.

Die Ansteuerung des seriellen 2,2 Zoll TFT-Farbdisplays mit einer Auflösung von 320 × 240 Pixel erfolgt über den SPI-Bus. Der digitale Temperatursensor LM75 wird über einen I2C-Bus ausgelesen. Der UART-Baustein FT2232BL ermöglicht eine schnelle Kommunikation über USB mit dem PC. Darüber können Messdaten oder das grafische Memory des Displays ausgelesen werden. Der FT2232BL benötigt einen eigenen 6 MHz Quarz für seinen Oszillator!

Schaltplan Digitalmodul
Digitalmodul: Platinenlayout mit sPrint
fertig bestücktes Digitalmodul

Bedienelemente und Display

TFT-Display auf Digitalmodul

Die Bedienelemente Drehencoder mit Schalter, Enter-Taste sowie die UP- und Downtaste werden bei fallender Signalflanke interruptgesteuert abgefragt. Alle Pins sind über einen internen Pull up–Widerstand mit der Betriebsspannung verbunden.

Das serielle 2,2 Zoll TFT-Farbdisplay hat eine Auflösung von 320 × 240 Pixeln. Spezielle zeitsparende Software-Routinen beschleunigen die relativ langsame Darstellung auf dem Display.

Frontplatte und Gehäuse

Es wurde ein Gehäuse mit seitlichen Kühlrippen verwendet, da das Analogmodul mit dem Spannungsstabilisator an der Seite montiert werden musste. Die Herstellung der Frontplatte und der Frontplattenfolie erfolgte nach einer Methode, die sich bei mir sehr gut bewährt hatte. Mit der Software sPlan 7.0 von Abacom wurde das Layout entworfen und dieses gleichzeitig als Bohrplan für die Alu-Frontplatte verwendet.

Positionierung der Frontplattenfolie im Gegenlicht
fertige Frontplattengestaltung

Der Farbausdruck des Layouts wurde in eine Polyesterfolie mit rückseitiger Klebefläche lamentiert. Nach exakter Positionierung der Folie und Fixation mit Klammern wurde die Schutzfolie der Kleberückfläche etappenweise entfernt. Bei sorgfältigem Vorgehen ist die Folie auf der Frontplatte exakt platziert.

Die Oberfläche der Polyesterfolie ist sehr widerstandsfähig und nahezu kratzfest. Ohne Zerstörung ist die Folie nicht mehr abzulösen. Allerdings ist der ungeschützte Rand z. B. mit Sekundenkleber zu fixieren, damit es nicht zu einer Delaminierung an der Schnittkante kommt.

Die Software wurde in C geschrieben. Sie umfasst ca. 300 Definitionen und 4300 Befehle, der Hex-File ist 96 kB groß. An dieser Stelle sollen nur die Hauptfunktionen beschrieben werden.

Im Hauptmenü finden sich derzeit drei verschiedene Netzgerätvarianten:

  • Festspannung 13,8 V mit 3,6 A Stromlimit
  • variable Ausgangsspannung 1-14,0 V
  • Direkt einstellbare Spannung 1-14,0 V im Aktiv-Mode für Test-und Experimentierzwecke

Für jede Netzgerätvariante können verschiedene Optionen ausgewählt werden:

  • Leistungstyp: Eingangs-, Ausgangs- oder Verlustleistung
  • Strombegrenzungstyp: I-Limit, I-SHDN (shut down)
  • Smartstart für kapazitive Lasten (nur im I-SHDN-Modus) ein/aus
  • Quittungston: ein/aus
  • Datenausgabe über die USB-Schnittstelle ja/nein

Standby- und Aktiv-Modus

Nach dem Einschalten startet das Netzgerät mit der zuletzt gespeicherten Netzgerätvariante im Standby-Modus, d. h. am Ausgang liegt keine Spannung an. Zur Einstellung wird der jeweilige Parameter editiert und die aktive Dezimalstelle angezeigt. Wenn der gewünschte Wert mit Drehencoder und Dezimalstellenauswahl eingestellt wurde (siehe Displayanzeige I-const), wird mit der Enter-Taste der Betriebsmodus aktivert und der Ausgang freigegeben.

Im Betriebsmodus werden die aktuellen Spannungs- und Stromwerte am Ausgang angezeigt. Die Überschreitung von Warn- und Alarmgrenzen erfolgt mit einer Farbcodierung in den entsprechenden Feldern.

Displayanzeigen

Uconst: Bei Laständerung von 0 auf 2,6 A keine Änderung der Ausgangsspannung.

Erreicht der Ausgangsstrom das eingestellte Limit, geht das Gerät in den Iconst-Modus. Dabei wird die Ausgangsspannung so weit reduziert, dass das Stromlimit nicht überschritten wird. Bei weiterer Verminderung des Lastwiderstandes wird entsprechend auch die Ausgangsspannung weiter herunter geregelt.

Die Strombegrenzung funktioniert selbst bei niedrigen Werten bis zu 20 mA bemerkenswert gut. Die vier Beispiele zeigen unterschiedliche Limits sowie die entsprechende Reduzierung der Ausgangsspannung. Eine Schwingneigung oder anderweitige Instabilitäten waren nicht zu verzeichnen.

Im I-SHDN-Modus schaltet das Gerät sofort ab. Dabei wird vom OPA3 des OPA4141 die Overload-Situation erkannt und über einen schnellen Interrupt dem Mikrocontroller mitgeteilt. Dieser schaltet über den OPA4 die Steuerspannung des LT1084 auf das negative Bezugspotenzial und damit die Ausgangsspannung auf 0 V.

Smartstart

Shutdown Displayanzeige

Beim Einschalten des Betriebsmodus mit einer Strombegrenzung ist es kein Problem, wenn die Last eine kapazitive Komponente hat. Anders verhält es sich im I-SHDN-Modus. Hier führt die Einschaltstromspitze zu einem sofortigen Shutdown. Um bei empfindlichen Elektronikprojekten dennoch den I-SHDN-Modus mit einem knapp bemessenen Stromlimit nutzen zu können, ist beim Einschalten ein besonderes Verfahren erforderlich.

Beispiel: Last 100Ω || 10.000µF, 14.0V Ausgangsspannung

Selbst bei dem fast maximalen Stromlimit von 3500 mA resultiert ein sofortiger Shutdown.

Mit einem Smartstart-Algorithmus werden die Kapazitäten mit einem stufenweise ansteigenden Konstantstrom bis zur Soll-Spannung aufgeladen. Wenn diese erreicht wird, wird der Betriebstrom registriert und das Stromlimit um ca. 10 % erhöht. Dann wird der I-SHDN-Modus aktiviert. Wird die Soll-Spannung nicht erreicht, weil der Stromverbrauch größer als zuvor eingeschätzt war, muss lediglich die Startstromstärke erhöht werden.

Mit dem Smartstart-Algorithmus stellt sich im obigen Beispiel ein Betriebsstrom von 153 mA ein. Die automatisch berechnete Abschaltschwelle beträgt 162 mA. Damit ist der I-SHDN-Modus aktiviert und scharf gestellt.

Datenausgabe über USB-Schnittstelle

Ladekurve eines Bleigelakkus

Über die USB-Schnittstelle kann der Grafikspeicher des TFT-Displays beispielsweise mit der Terminal-Software H-TERM ausgelesen und als „BMP-Screenshot“ dargestellt werden.

Aber auch alle Messwerte und Parameter sind auslesbar. Mit Excel können die Daten in Diagrammen visualisiert werden.

Fazit

Impulsbelastung 2,5 A bei 14,0 V (∆U = 23 mV ≙ 9,2 mΩ)

Die Spannungskonstanz und die Genauigkeit der Strombegrenzung sind überraschend gut. Selbst bei hohen Strömen (z. B. 2,6 A) sind auf dem Display keine Spannungsänderungen festzustellen, nicht einmal auf der letzten Dezimalstelle.

Unter einer Impulsbelastung von 2,5 A bei 14 V sind jedoch an den Ausgangsbuchsen Spannungsdifferenzen von 23 mV zu messen. Dies entspricht einem Widerstand von rund 9mΩ, letztendlich bedingt durch die Übergangswiderstände an der Feinsicherung und den Relaiskontakten. Dieses kleine Manko wurde akzeptiert.

Gibt es Verbesserungmöglichkeiten? Ja!

Die Festspannungsversorgung mit dem Schaltnetzteilmodul produziert eine entsprechende Verlustleistung und Wärmeentwicklung bei kleinen Spannungen und größeren Strömen. Hier wäre eine bedarfsorientierte Regelung der Versorgungsspannung sinnvoll.

Die Abschaltzeit beim Shutdown kann verringert werden, wenn das Ausgangssignal von OPA3 direkt über eine Diode zum Knotenpunkt KP geführt wird. Allerdings muss dieser Weg kontrolliert werden, damit es nicht zu undefinierten Betriebszuständen kommt. Im I-Limit Modus ist dieser Weg zu unterbrechen.

Ein etwas größeres Gehäuse hätte vieles erleichtert. Auch könnte durch Zusammenlegung die Anzahl der Platinen reduziert werden.

Natürlich lässt sich ein Netzgerät für den ursprünglich vorgesehenen Zweck sehr viel einfacher aufbauen. Aber wegen des Bedienkomforts und den Sicherheitseinrichtungen würde es mir auf dem Basteltisch fehlen. Und es geht sicher noch viel komplizierter, so dass dieses Gerät inzwischen fast simpel erscheint.

Vielen Dank fürs Lesen.

Digitales Netzgerät