Röhrenwechsel an der ACOM 1000
von Matthias, DD7NT
Die in Bulgarien gebaute PA ACOM 1000 besitze ich seit 2014. Die PA ist solide gebaut, robust im Betrieb und gut gegen Fehler oder Fehlbedienung abgesichert. Ende Mai 2024 fiel sie mit der Fehleranzeige „BS26“ aus. Die letzte Ziffer in der Fehlermeldung besagt, dass der Anodenstrom zu hoch war.
Für weitere Informationen kann der Fehlerspeicher ausgelesen werden, wenn die PA am Netz angeschlossen aber nicht aktiv ist.
Im Fehlerspeicher findet man 14 Zeilen mit je drei 6-stelligen Hexadezimalzahlen. Je zwei Zeilen enthalten die Daten eines Fehlerfalles.
Was bedeuten die Angaben zu einem Fehler ?
Für die Decodierung der Angaben kann man sich eine EXCEL-Datei auf der Seite von PA3HGT /1/ herunterladen. In diese trägt man die sechs Hexadezimalzahlen ein.
Die Angaben besagen: Anodenspannung 2640 V, Gitterstrom 0 mA, Röhrentemperatur 55 Grad C – bis hierher normale Werte. Wie kommt es zu einem Anodenstrom von > 1210 mA (schwarzes Feld)? Für die benutzte Sendeleistung wären ca. 330 mA normal gewesen. Ab 1200 mA wird die PA sofort abgeschaltet. Eine klare Fehlerursache ist noch nicht zu erkennen.
Wie verhält sich die PA ?
Wenn die PA eingeschaltet wird, kann man sie ca. 15-20 Minuten normal nutzen. Es gibt keine auffälligen Werte. Dann schaltet sie mit „Anodenstrom zu hoch“ ab. Dies passiert unabhängig davon, ob die PA zu diesem Zeitpunkt Leistung erzeugt oder standby ist.
Versuch man die PA nach einer Abschaltung wieder zu aktivieren, durchläuft die PA die Heizphase von 150 Sekunden. Dann wird die Anodenspannung zugeschaltet und in diesem Moment schaltet sie sofort wieder ab.
Da die PA im Kaltzustand und im Warmzustand unterschiedliches Verhalten zeigt, beschloss ich, die Röhre zu wechseln. Eine GU74b hatte ich mir einige Jahre zuvor als Reserve gekauft. Mittlerweile sind die Preise für Ersatzröhren deutlich gestiegen.
Die Ersatzröhre wird konditioniert
Die Ersatzröhre hatte mehrere Jahre im Schrank gelegen. Sie war daher zu „gettern“. In die Röhre eingedrungener Sauerstoff muss entfernt werden, bevor die Röhre mit Anodenspannung belastet werden kann. Das übernimmt die „Getterpille“ beim Heizen der Röhre. Im Internet kursieren viele Anleitungen und Ratschläge dazu /5/. Ich empfehle das Gettern außerhalb der PA und – da die Röhre sehr heiß wird – mit Kühlung.
Eine Vorrichtung zum Gettern
Zwei Leistenabschnitte und vier Messingstäbe bilden das Gerüst für einen PC-Lüfter aus der Bastelkiste und die Röhre. Die Heizspannung von 12,6 Volt liefert das Labornetzteil. Der Kaltwiderstand der Röhrenheizung beträgt 1,4 Ohm, so dass ein Netzteil mit Schmelzsicherungen nicht infrage kam.
Die Röhre benötigt bei 12,6 V Heizspannung 45 W Heizleistung. Ich habe das Gettern auf zwei Tage (insgesamt 12 Stunden) verteilt. Die PA wurde in diesen beiden Tagen vom Netz getrennt. Die in der PA vorhandene Restspannung sollte sich in dieser Zeit so weit als möglich abgebaut haben.
Es geht los !
Die Anleitungen zum Röhrenwechsel z.B. /2/, /3/ oder /4/ beginnen mit einem umfangreichen Abschnitt zur Sicherheit vor Hochspannung.
Die Einhaltung dieser Sicherheitshinweise wird dringend empfohlen. Die Berührung von Hochspannung führenden Teilen kann tödich enden. Jeder, der Reparaturen an der PA versucht, ist für seine Sicherheit selbst verantwortlich.
Die Hochspannungsplatine ist vorn unten. Dort und auf der oberen Platine sind die Punkte, an denen Restspannungen entladen werden sollen. Dazu habe ich ein gut isoliertes Kabel mit einer Spitze verwendet. Das Kabel wird an der Erdungsklemme der PA angeschlossen. Hochspannung war wohl nicht mehr vorhanden. Es sind an verschiedenen Stellen Entladewiderstände > 100 kOhm verbaut.
Im Bild sieht man unten die Hochspannungsplatine. Die beiden weißen Kabel kommen vom Hochspannungstrafo, die vier eingesteckten Platinen bilden einen Brückengleichrichter. Über das gelbe Kabel geht die Hochspannung zur Röhre. Am rechten Rand der noch nicht entfernten Abdeckung erkennt man die beiden Sicherheitsschalter. Diese müssen nach dem Röhrenwechsel zum Abgleich durch Auflegen ensprechender „Gewichte“ ausgetrickst werden.
Als Nächstes wird die noch verbliebene Abdeckung entfernt.
Die Röhre wird gewechselt
Nach dem Entfernen der Abdeckung werden der Röhrenkamin, der Lüfter und das Pi-Filter sichtbar.
Der Röhrenwechsel ist nicht kompliziert. Nach Lösen der Schraube (1), der Mutter (2) und dem Ausfädeln des Thermosensors (3) aus dem Gummikamin wird die Anodenklemme frei und kann gezogen werden. Danach zieht man die Röhre aus der Fassung. Der Gummikamin war nach 10 Jahren Dienst in einem sehr guten Zustand!
Die Röhrenfassung hat am Rand 16 Schirmgitterklemmen. Beim Einsetzen der Röhre dürfen diese Klemmen nicht verbogen werden. Die Klemmen verdecken die Sicht auf die Lage der Stifte zum Röhrensockel. Durch vorsichtiges leichtes Drehen der Röhre findet man mit Geduld die richtige Position und die Röhre kann eingedrückt werden. Dann wird der Kamin eingesetzt. Er muss bündig auf der Grundplatte aufliegen. Zuletzt wird der Anodenbügel wieder montiert und der richtige Sitz aller Teile wird nochmals kontrolliert. Nun kann die vorher entfernte Abdeckung wieder eingebaut werden.
Einstellen des Anodenstroms
Zum Abgleich der PA muss sie nun eingeschaltet werden. Die beiden zuvor erwähnten Sicherheitsschalter am Gehäuse müssen durch Abkleben oder durch Belegen mit einem schweren Gegenstand überlistet werden. PA und Transceiver werden auf das gleiche Band eingestellt. Die PA wird mit einem Dummyload abgeschlossen. Auf dem Display sucht man sich die Anzeige „Plate current“.
Nachdem die Röhre aufgeheizt ist, wird die PA sendebereit gemacht und vom Transceiver wird eine kleine Leistung von 1 bis maximal 5 W CW eingespeist. Mit einem kleinen Schraubendreher wird nun der „Plate current“ am Trimmer BIAS2 (im Bild rechts) auf 220 mA (+/- 10mA) eingestellt. Linksdrehung erhöht den Strom. Das sollte nicht länger als 15 Sekunden dauern. Ist die Einsellung in dieser Zeit nicht gefunden, kann man es nach einigen Minuten erneut versuchen. Weiter geht es mit dem Abgleich am Trimmer BIAS1. Dazu soll am Transceiver die Betriebsart SSB gewählt werden, MIC-Gain und Output sollen auf ein Minimum eingestellt werden. An BIAS2 wird damit ein „Plate current“ von 70 mA (+/- 10 mA) eingestellt. Drehung nach rechts erhöht hier den Strom.
Der Transceiver soll dabei keine Leistung abgeben. Ich habe diese Einstellung einfach im Leerlauf vorgenommen. Damit ist der Abgleich beendet. Die PA kann vom Netz abgezogen und nach etwa 5 Minuten kann man die Sicherheitsschalter befreien und die Abdeckungen wieder anbringen.
Ergebnis der Reparatur
Die PA läuft seit dem Röhrenwechsel wieder zuverlässig. Die neue Röhre bring eine etwas höhere Leistung, als sie zuletzt mit der alten Röhre erreicht wurde. Die Kühlung funktioniert gut und auch die Einstellpunkte des Pi-Filters für die jeweiligen Bänder sind unverändert geblieben.
Links
/1/ EXCEL-Blatt zur Eingabe der Fehlercodes
(zum Download den Link direkt in den Browser kopieren)
https://www-pa3hgt-nl.translate.goog/Acom%201000%20Sig.xls?xtrsl=auto&xttl=en&xtrhl=de&xtsch=http
/2/ Anleitung zum Röhrenwechsel und zum Abgleich des Anodenstroms (englisch, bei Bedarf mit Deepl übersetzen):
/3/ Video zum Röhrenwechsel
https://www.youtube.com/watch?v=kAJf0whitTk
/4/ Bebilderte Anleitung zum Röhrenwechsel:
https://ve1dx.net/acomtube/
/5/ Gettern der GU74B:
https://www.qsl.net/gm3woj/conditioninggu74b.htm