Satellitenbetrieb über den Satelliten IO-117

von Matthias, DD7NT

Mein Hauptinteresse gilt der Kurzwelle. Beim Bergfunk im Sächsischen Bergwettbewerb habe ich aber auch viele QSOs auf UKW gemacht. Zunächst auf 2 m und 70 cm und später auch auf 23 cm und 13 cm. Nach einiger Zeit habe ich meine Station um einen IC-9700 erweitert. Das hat die Neugier auf Satellitenfunk mit umlaufenden Satelliten geweckt. Ich baute eine Turnstyle-Antenne für 2 m und beschaffte einen „Eggbeater“ für 70 cm. Die Antennen stehen auf dem Dachboden. Bei hoher Elevation konnte ich damit nach und nach über die Satelliten RS-44, JO-97, FO-29, EO-88, XW-2A, XW2-D, AO-73 und die Raumstation ISS Stationen in FM, CW oder SSB arbeiten. Als Software ist SATPC32 im Einsatz. Welche Satelliten aktiv sind, entnehme ich der AMSAT-Statusseite [1]. Dort tauchte eines Tages der IO-117 „Greencube“ auf…

Wie kommt der Greencube zu seinem Namen ?

Wie viele Satelliten dient der Greencube in erster Linie der Durchführung eines wissenschaftlichen Experiments. Er hat in einer Kammer von 20 x 20 x 10 cm³ „Mikrogrün“ (Kreuzblütler) an Bord, deren Wachstum in einem schwachen Magnetfeld beobachtet werden soll. Der Satellit wird von AMSAT Italien betrieben [3].

Was macht den IO-117 so interessant ?

Die Bahn des „Greencube“ IO-117 verläuft im MEO (Mittlere Erdumlaufbahn ≥ 2000 km Höhe) in einer Höhe von 5800 km. Die meisten anderen Satelliten mit Amateurfunkmöglichkeiten befinden sich im LEO (niedrige Erdumlaufbahn, mehrere hundert Kilometer bis 2000 km ). Damit leuchtet dieser Satellit größere Bereiche der Erde aus als es Satelliten mit niedrigen Umlaufbahnen tun. Das ermöglicht QSOs über größere Entfernungen, und der Satellit kann längere Zeit beobachtet werden.

Footprint IO-117 Höhe 5800 km
Footprint ISS Höhe 400 – 440 km

Der Entfernungsrekord für QSOs mit dem IO-177 liegt (Stand November 2023) bei 13.056 km. John, DK9JC gelang ein QSO mit Mark, VK6PY [2].

Ein weiterer interessanter Aspekt war für mich, dass der Funkbetrieb mit IO-117 über einen Digipeater im Modus GMSK mit 1200 Bd nur auf einer Frequenz (435,309 MHz) stattfindet. Diese eine Frequenz wird sowohl für die Telemetrie (Steuerung des Satelliten, Datenübermittlung) als auch für den Amateurfunk benutzt. Normalerweise erfolgt bei Satelliten der Empfang und das Senden auf verschiedenen Bändern (z.B. 2 m Uplink / 70 cm Downlink oder umgekehrt). Darauf ist die Software für das Arbeiten von Amateurfunksatelliten ausgelegt. Für den IO-117 musste eine andere Lösung gefunden werden.

Die ersten Versuche, IO-117 zu empfangen, erfolgten mit GNU Radio [5], [6]. Mir gelang es jedoch nicht, den dafür benötigten Python-Interpreter auf Windows 11 zum Laufen zu bekommen. Bald entstanden weitere Softwarelösungen für das Funken via IO-117.

Software für den IO-117

Ich verwende für den IO-117 die folgenden 3 Komponenten:


Softwarekompontenen für den Betrieb über IO-117 mit dem IC-9700

SATPC32ISS: Das Programm gehört zum Softwarekonvolut SATPC32, dessen Autor Erich, DK1TB ist. SATPC32ISS ermöglicht den Empfang und das Senden mit der ISS auf einer Frequenz. Es wurde erweitert, so dass es auch für den IO-117, den LEDSAT u.a. genutzt werden kann. Damit war das „Einbandproblem“ gelöst. SATPC32ISS steuert den IC-9700, gleicht die Dopplershift aus und kann auch für die Rotorsteuerung verwendet werden.

Andrej, UZ9HO hat das Soundmodem entwickelt. Aus den vom Satelliten empfangenen Tonsignalen (Bursts) berechnet das Soundmodem eine Bytefolge. Beim Senden entsteht aus der zu sendenden Nachricht ein Datenburst, der mit dem IC-9700 ausgesendet wird.

Carsten, OZ9AAR entwickelte das „Greencube Terminal“. Es verarbeitet die vom Soundmodem gelieferten Bytes zu einer Klartextnachricht und zeigt sie an. Eigene Nachrichten werden in Textmakros hinterlegt und einer Funktionstaste zugeordnet. Wird diese Funktionstaste betätigt, wird der hinterlegte Text an das Soundmodem zur Aussendung übergeben. Der Funkbetrieb ähnelt in der Praxis dem FT8-Betrieb. An das Greencube Terminal können verschiedene Logprogramme angebunden werden, so dass ein komfortabler Betrieb möglich ist.

Die drei genannten Softwarekomponenten sind hier grün dargestellt. Wenn man auch Telemetriedaten näher betrachten will, kann man zusätzlich die beiden gelb dargestellten Komponenten nutzen. Die Programme GetkissPlus und Greencube Telemetrie Decoder (greencube.exe) stammen von Mike, DK3WN. Sie erhalten vom Soundmodem den gleichen Datenstrom wie das Greencube Terminal. GetKissPlus filtert die enthaltenen Telemetriedaten heraus und speichert sie in einer Datei. Diese Datei kann mit dem Greencube Telemetry Decoder betrachtet werden.

Anzeige gesammelter Telemetriedaten im Greencube Telemetrie Decoder

Die Kommunikation der Komponenten Soundmodem und Greencube Terminal / GetKissPlus erfolgt über die rechnerinterne TCP-Netzwerkschnittstelle (localhost ,127.0.0.1, Port 52000).

Da das Soundmodem die PTT steuert und Audio empfängt und sendet, benötigt es die USB-Schnittstelle des IC-9700. Da auch das SATPC32ISS zur Nachführung der Frequenz Steuersequenzen an den IC-9700 sendet, wird dafür die CI-V Schnittstelle des IC-9700 genutzt. Die Einrichtung der Software ist von den jeweiligen Autoren gut dokumentiert worden.


SATPC32ISS, Soundmodem und Greencubeterminal

Im Bild 4 sind die drei verwendeten Programme in Aktion zu sehen. Oben sieht man in SATPC32ISS die Lage des IO-117, seine momentane Frequenz u.a.m. Unten – teils verdeckt – sieht man das Soundmodem und die empfangenen Bytefolgen. Das Wasserfalldiagramm zeigt einen langen Datenburst (Telemetrie), der infolge der Dopplershift einen Schräglauf aufweist. Rechts sieht man einen Teil des Greencube Terminals.

Im Nachrichtenfenster des Greencube Terminals sieht man den Verkehr der Stationen, die über den IO-117 arbeiten und die Telemetrieaussendungen. Auf Zeile 3 des Logs erscheint mein Rapport „DD7NT UR9MS 599 in JO71“ mit braunem Hintergrund. Das ist das Protokoll meiner Aussendung. Darauf folgt dieselbe Zeile noch einmal mit grünem Hintergrund. Diese Nachricht hat der IO-117 nun ausgesendet und sie erscheint für die anderen arbeitenden Stationen.Dies bewirkt, dass nun mehrere Stationen (HB9OAB, EA1BNF und UR9MS) nach mir rufen. Diese Rufe erscheinen mit blauem Hintergrund. Die Texte sowie die Zuordnung der Hintergrundfarben zu eigenen Aussendungen und empfangenen Rufen sind frei wählbar. Schließlich bekomme ich das „RR73“ von UR9MS. Danach folgen wieder Telemetrieaussendungen vom Greencube.

Wie man an den Zeitangaben auf der linken Seite des Logfensters sieht, folgen die Nachrichten in dichter Folge mit wenigen Sekunden Abstand. Der IO-117 ist gut ausgelastet. Daher ist es gut für den Funkverkehr die von FT8 bekannten Kurzformen zu wählen.

Einstellungen beim IC-9700

Nachdem die Software installiert war, folgte eine längere Phase, in der ich nach den richtigen Einstellungen für Senden und Empfang suchte. Das beginnt bereits mit der Frequenzeinstellung. Die veröffentlichten Frequenzen nennen meist 435.309 MHz für den Downlink und 435.309,3 für den Uplink. Benötigt man tatsächliche eine Frequenzverschiebung vom 300 Hz für den Uplink? Nein – es funktioniert ohne eine Verschiebung, gesendet wird auf der Empfangsfrequenz, wenn diese gerade nicht von Telemetrie oder einer anderen Aussendung besetzt ist. Gearbeitet wird im Modus USB-Data. Ich verwende das 3-kHz-Filter des IC-9700. Die Korrektur der Dopplershift habe ich im CAT-Menü des SATPC32 auf 50 Hz eingestellt. Dadurch gibt es zwischen zwei Frequenzkorrekturen einen etwas größeren Zeitabstand und das Signal bleibt im Soundmodem im Bereich zwischen 800 und 1800 Hz. Erfolgt die Korrektur während des Empfangs eines Paketes kann dieses nicht dekodiert werden. Ein größerer Zeitabstand zwischen zwei Korrekturen verringert Paketverluste im Empfang. Das AF-Output-Level steht beim IC-9700 auf 40 %, das USB-MOD-Level auf 50%. Mit diesen Einstellungen kann ich den IO-117 arbeiten.

Betriebserfahrungen

Über die Sendeleistung des IO-117 konnte ich keine genaue Angaben finden. Michael, HB9WDF schätzt sie in [4] auf „einige 100 mW“. Die Empfehlung für eine Antenne, mit der man den IO-117 arbeiten kann, lauten daher meist „mindestens 11dBi Gewinn, besser mehr“. Es geht aber auch mit deutlich schwächeren Antennen. Ich funke hauptsächlich auf Kurzwelle und kann neben den vorhandenen Kurzwellenantennen keine langen Yagis mit Azimut- und Elevationsrotor unterbringen. So bleibt es auf 70 cm zunächst bei dem eingangs erwähnten „Eggbeater“, der auf dem Dachboden montiert ist und einen Gewinn von 6 dBi aufweist. Damit bin ich auf hohe Elevationen des IO-117 angewiesen. Aber da der IO-117 täglich mehrere Überflüge hat, ergibt sich dennoch die Möglichkeit, QSOs zu fahren. Auch mit leistungsfähigen Antennen benötigt man Geduld, um ein QSO abzuschließen. Am Empfänger sieht man ja nur die vom IO-117 ausgesendeten Pakete. Die Pakete, die sich beim gleichzeitigen Senden auslöschen, werden vom IO-117 nicht dekodiert und gehen verloren. Eine Synchronisation der sendenden Stationen ist aber nicht möglich, da sich diese terrestrisch nicht hören können. Zudem schwankt die Feldstärke beim Empfang mitunter und die Dekodierung setzt dann zeitweise aus. Um so mehr macht die „Jagd“ auf Stationen und jedes gelungene QSO via IO-117 großen Spaß !

[1] https://www.amsat.org/status/

[2] https://www.qrz.com/db/DK9JC

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/GreenCube

[4] https://www.michi-dani.ch/2022/11/18/greencube-überrascht-die-satellitengemeinde

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/GNU_Radio

[6] http://oe7wpa.com/index.php/projekte/software/sdr-software/gnu-radio/gnu-radio-beispiele

Satellitenbetrieb über den Satelliten IO-117